Dienstag, 17. März 2009

2. VO - 10. März 2009 - Danielle Spera

Zweiter Gast der Gesprächsreihe bei Peter Landesmann war Danielle Spera, österreichweit bekannt als Sprecherin der Zeit im Bild (ZIB), der Hauptnachrichten des ORF-Fernsehens. Ihr Vater, der noch als Jugendlicher in der NS-Zeit verfolgt und unter anderem zu Zwangsarbeit verpflichtet wurde, schickte Danielle im Nachkriegsösterreich "zum Schutz" in eine katholische Schule. Ihre jüdische Identität hat sie deshalb aber nicht aufgegeben, wenngleich sie sich den Ausruf "Oh Gott" nicht mehr abgewöhnen konnte, was allerdings auch keinen Widerspruch zum jüdischen Verbot, den Namen Gottes auszusprechen, darstellt, da "Gott" ja nicht sein Name sei ;-)

In Speras Haushalt - sie ist mit dem Psychoanalytiker Martin Engelberg verheiratet und hat drei Kinder (vgl. Wiener Zeitung) - spielt die jüdische Religion und Tradition eine große Rolle. Jüdische Feiertage werden, mit Ausnahme des Sabbad, an dem mitunter gearbeitet werden "muss", grundsätzlich eingehalten, sie und ihr Mann besuchen wöchentlich die Schi'ur. Koscher wird zwar auch gegessen, aber nicht in der strengsten Auslegung. Auch eine Pessach-Küche habe sie nicht (zu Pessach muss das ganze Haus gründlichst geputzt werden, insbesondere die Küche, damit das essen auch wirklich "koscher für Pessach" ist), würde sie sich aber wünschen.

ORF antisemitisch?

Viel zu diskutieren gab es über die Berichterstattung des ORF, die mitunter als antisemitisch und/oder anti-israelisch kritisiert wird. Hierzu wusste Spera gleich mehrere Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die zum Teil auch für großen Wirbel in der Redaktion bzw. ORF-intern sorgten:

1) Die Berichterstattung über die Solidaritätskundgebung für Israel am Judenplatz anlässlich des Gaza-Krieges. Die Atmosphäre - es war finster, regnete (glaub ich) zeitweise sogar, die Stimmung (zumindest die, die von der Kamera vermittelt wurde) war eher gespannt bis aufgewühlt - diese Atmosphäre jedenfalls sei vom Berichterstatter bewusst gegen ein Interview in gemütlicher Kaffeehaus-Atmosphäre mit einem Vertreter der muslimischen Glaubensgemeinschaft ausgespielt worden, wo dieser seelenruhig seine Kritik an Israel ausbreiten konnte, etwa dass die Israelis die Palästinenser auslöschen wollen. Dies sorgte dann nicht nur für Proteste innerhalb des ORF, sondern auch seitens des israelischen Botschafters und führte letztlich zu einer Entschuldigung der ORF-Verantwortlichen.

2) Ebenfalls erwähnt wurde jener ZIB-Bericht vom 18. Dezember 2008, der auch mir damals, während des Gaza-Krieges, negativ aufgefallen ist (den Fall hab ich damals im Vergleich mit dem ARTE-Info-Kurzbericht punktgenau in meinem Blog nachgezeichnet, bitte hier nachlesen); Jedenfalls soll dieser voller selektiver Darstellung strotzende Bericht im Nachhinein für viel Wirbel in der Redaktion gesorgt haben, bis zur diplomatischen Ebene schaffte er es jedoch nicht.

Generell, so Spera, verfüge der ORF mit Ben Segenreich in Tel Aviv und Karim El-Gawhari in Kairo jedoch über ausgezeichnete Journalisten, die für eine ausgeglichene Berichterstattung von beiden Seiten des Nahostkonflikts sorgen.

Redaktionsinterne Ansprechpartner für jüdische oder israelische Themen gebe es jedenfalls mit Susanne Scholl, Joana Radzyner und einst mit Robert Hochner.

Was - meiner Meinung nach - letztlich bleibt, ist der Eindruck eines hinsichtlich der Nahost-Berichterstattung gespaltenen ORF - denn wie sonst soll man sich unseriöse Berichte mitten in den Hauptnachrichten erklären, während wenig später hervorragende Korrespondenten oder Moderatoren/Interviewer sich um Seriösität bemühen?

Profil, Kreisky

Kritik übte Spera auch an Profil-Herausgeber Christian Rainer, der Bundespräsident Heinz Fischer in einem Interview gefragt haben soll, ob "die Bilanz im Gaza-Krieg" (über 1000 Tote auf palästinensischer Seite und etwa ein Dutzend auf israelischer) nicht hätte "umgekehrt ausfallen sollen". Ob dies nun seine persönliche Einschätzung sei oder lediglich eine provokative Frage hätte sein sollen, um dem Bundespräsidenten nicht vielleicht eine ungeschickte Antwort entlocken zu können, sei dahingestellt. In beiden Fällen aber wohl kaum eine rühmliche Leistung eines Nachrichtenmagazin-Herausgebers. Die Provokation gegen Israel - dass quasi die ganze Welt nach seiner Pfeife tanze, Stichwort "Israel Lobby" - hatte ja bereits mit einem unübersehbaren Cover für Aufsehen gesorgt und auch in internationalen Blogs Resonanz gefunden.

Auch Kreisky wurde wieder angesprochen. Dieser habe durch seine vehemente Ablehnung des jüdischen - etwa inform der Zusammenarbeit mit ehemaligen Nationalsozialisten und der FPÖ sowie der Intrige gegen Simon Wiesenthal - für den "Kreisky-Effekt" gesorgt, der einen gewissen Antisemitismus auch bei Personen mit intellektueller Basis legitimiert habe.

Unter die Geschichte, insbesondere jene des Nationalsozialismus und der Shoa/Holocaust, dürfe jedenfalls kein Schlussstrich gesetzt werden, denn es wird ja immer noch geleugnet, sowohl von rechter Seite als mitunter auch von kirchlicher, wie die Causa um die Pius-Brüderschaft erst kürzlich wieder aufzeigte. Je weniger Zeitzeugen es gibt, um so wichtiger wird das Erinnern und Aufklären. Deshalb schreibt ihr Vater nun auch seine Erinnerungen aus seiner Jugendzeit im nationalsozialistischen Wien auf, damit die Enkelkinder an diesen Erinnerungen eines Tages teilhaben können.

2 Kommentare:

  1. Warum wird Danielle Spera hier als typisches Beispiel für jüdisches Leben in Ö präsentiert? Sie ist zum Judentum konvertiert - was sie an sich genauso jüdisch macht, wie jeden geborenen Juden, solange sie sich an das halten würde, wozu sie sich beim Übertritt verpflichtet hat. "Kosher in weniger strenger Auslegung", am Shabbat arbeiten "müssen", etc. - das ist alles andere als sich an die Halacha zu halten. Wieder mal ein Fall von Philosemitismus, der Leute zum Konvertieren bringt, die sich eh an nichts halten. Solche Übertritte kann man leider nicht ernst nehmen. Aber dann hier als Paradebeispiel präsentiert werden??

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  2. Ich finde es durchaus positiv, wenn säkulare Juden als Beispiele für "das jüdische Volk" herhalten. Ich bin selbst alles andere als religiös, fühle mich dem jüdischen Volk aber durch meine Familie trotzdem zugehörig. Ist das denn so schlimm für Sie?

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